Jnana-Yoga

Klappentext:

„Religion darf nicht länger eine Idee, eine Theorie oder eine Verstandesangelegenheit bleiben. Sie muss unser Wesen durchdringen. Die wahre Regligion ist unwandelbar. Sie ist weder Wort noch Lehre, sie ist inneres Erlebnis. Religion ist nicht Hinhören und Hinnehmen, sie ist Sein und Werden. Das woran die Seele glaubt, das was sie anbetet, zu dem muss sie werden“

 

 

Aus dem Buch:

Der Makrokosmos

Schön sind die Blumen, die wir um uns erblicken, schön ist der Aufgang der Morgensonne, schön sind die bunten Farben der Natur. Das ganze Weltall ist schön, und der Mensch hat sich seit seinem Erscheinen auf der Erde daran erfreut. Erhaben und ehrfurchtgebietend sind die Berge, die riesigen, rauschenden Ströme, die sich zum Meere hinwälzen, die pfadlosen Wüsten, das unendliche Meer, das gestirnte Firmament. Seit undenklicher Zeit hat die Fülle des Seins, die wir Natur nennen, den menschlichen Geist und das menschliche Denken beeinflußt und die Frage in uns hervorgerufen: „Was ist dies alles und woher kommt es?“ Schon in den ältesten Teilen der Veden, den weitaus frühesten Schriften der Menschheit, wird diese Frage erhoben:
Als weder Etwas war, noch Nichts,
Und Finsternis gehüllt in Finsternis,
Wo war die Welt? Wer schloß sie ein?
Wer möchte das Geheimnis wohl ergründen?
Und die gleiche Frage ist auch zu uns in die Gegenwart gedrungen. Millionenmal hat man versucht, sie zu beantworten und millionenmal wird sie wieder und wieder beantwortet werden müssen. Nicht, daß jede Antwort ein Fehlschlag gewesen wäre; jede Antwort auf diese Frage enthielt einen Teil der Wahrheit, und diese Wahrheit gewinnt an Kraft, je weiter die Zeit fortschreitet. Wir wollen versuchen, in großen Zügen die Antwort vorzutragen, welche die alten indischen Philosophen gaben und sie in Einklang mit der modernen Erkenntnis bringen.
Wir finden in dieser ältesten aller Fragen einige Punkte bereits geklärt. Der erste ist: es gab eine Zeit, da weder „Etwas war noch Nichts“, da diese Welt nicht existierte. Unsere Mutter Erde, mit ihren Seen und Meeren, ihren Flüssen und Gebirgen, ihren Städten und Dörfern, mit ihren Menschen, Tieren und Pflanzen, die Planeten und die leuchtenden Himmelskörper, diese ganze unendliche Mannigfaltigkeit der Schöpfung war nicht vorhanden. Sind wir dessen sicher? Wir wollen versuchen zu ergründen, wie man zu diesem Schlusse kam.
Was sehen wir, wenn wir um uns blicken? Nehmen wir eine kleine Pflanze. Wir setzen ein Samenkorn in die Erde, und kurze Zeit darauf lugt eine Pflanze hervor, die sich langsam über den Boden erhebt und wächst und wächst, bis sie zu einem riesigen Baume wird. Dann stirbt sie und läßt nur den Samen zurück. Sie vollendet den Kreislauf, sie kommt aus dem Samen, wird zum Baume und endet im Samen. Nehmen wir einen Vogel: aus dem Ei kommt er, lebt sein Leben, hinterläßt andere Eier, Samen zukünftiger Vögel, und stirbt. Wie bei den Tieren so beim Menschen. Alles in der Natur entsteht gleichsam aus gewissen Samenformen, aus gewissen Ansätzen, feinen Gestaltungen, wird grob und gröber, geht auf diesem Wege eine Zeit lang vorwärts, kehrt wiederum zu seiner feineren Form zurück und verschwindet. Der Regentropfen, in dem der liebliche Strahl der Sonne sich spiegelt, kam aus dem Meere in Form von Dampf, erhob sich weit empor in die Luft, wo er in einer gewissen Höhe zu Wasser verwandelt wurde und fiel nieder in seiner gegenwärtigen Form, um wiederum in Dampf verwandelt zu werden. Das gleiche Spiel sehen wir überall in der uns umgebenden Natur. Wir wissen: die mächtigen Gebirge werden von Gletschern und Flüssen langsam, aber sicher zermürbt und zu Sand zerrieben, der ins Meer geschwemmt wird; dort sinkt er auf den Meeresboden, bildet Schicht auf Schicht, türmt sich zu harten Felsen und zu Riesengebirgen zukünftiger Generationen auf, um wiederum zerstäubt und zerrieben zu werden. Dies ist ihr Lauf: aus Sand entstehen diese Gebirge, zu Sand werden sie wieder.
Wenn es wahr ist, daß die Natur unter allen Umständen einheitlich ist, wenn es wahr ist – und soweit hat keine menschliche Erfahrung dem widersprochen – daß die gleiche Methode, nach der ein kleines Sandkorn erschaffen wurde, auch bei der Schöpfung der riesenhaften Sonnen und Sterne und dieses ganzen Weltalls wirksam war, wenn tatsächlich das ganze Universum nach dem gleichen Plan aufgebaut ist wie das Atom und überall im Weltall das gleiche Gesetz herrscht, dann ist es wahr, was die Veden sagen: „Durch Erkennung eines Erdklümpchens wird alles, was aus Erde besteht, erkannt“. Nehmen wir eine kleine Pflanze und studieren ihr Leben, so kennen wir das ganze Weltall, wie es ist. Wenn wir ein Sandkorn kennen, dann verstehen wir das Geheimnis des ganzen Weltalls.
Diese Denkweise auf die Erscheinungswelt angewandt, läßt von vornherein erkennen: alles gleicht sich am Anfang und am Ende. Das Gebirge entsteht aus Sand und wird wieder zu Sand, der Fluß entsteht aus Dampf und wird wieder zu Dampf, die Pflanze geht aus dem Samen hervor und wird wieder Samen, das menschliche Leben entsteht aus Samen und kehrt zurück zum Samen. Das Weltall mit seinen Sternen und Planeten entstand aus einer Nebelmasse und muß wieder zu dieser zurück. Was sehen wir daraus? Das Sichtbargewordene, das gröbere Stadium ist die Wirkung und das feinere Stadium die Ursache. Vor Tausenden von Jahren hat Kapila, der Vater aller Philosophie, verkündet, Zerstörung bedeute nichts anderes als die Rückkehr zum Ursprung. Wenn dieser Tisch hier zerstört wird, kehrt er zurück zu seinem Ursprung, zu jenen feineren Formen und Teilchen, die, zusammengesetzt, diese Form darstellen, Tisch genannt. Wenn der Mensch stirbt, dann kehrt er zu den Elementen zurück, aus denen sein Körper bestand, und wenn diese Erde untergeht, wird sie sich in jene Elemente auflösen, die ihr Gestalt gaben. Zerstörung ist demnach die Rückkehr zur Ursache, denn Wirkung und Ursache sind nicht voneinander verschieden, sie sind dasselbe, nur die Form hat gewechselt. Betrachten wir beispielsweise dieses Glas, das aus einer bestimmten Menge Material und der Kraft der Hände des Handwerkers geformt wurde. Dies sind die Ursachen, – die handwerkliche und stoffliche Ursache – die das Glas hervorgebracht haben. Das Glas ist also lediglich ein Sichtbarwerden dieser feinen Ursachen in neuer Form, und wenn es zerbricht, wird die Adhäsionskraft zu ihrem ursprünglichen Element zurückkehren, während die Glasteilchen solange bestehen bleiben, bis sie neue Formen annehmen.
Die Wirkung ist demnach nie von der Ursache verschieden, sondern ist nur ein Wiedererstehen der Ursache in veränderter Form, und alle Formen, die wir Pflanzen, Tiere oder Menschen nennen, wiederholen sich, ad infinitum, im Aufsteigen und Verfallen. Der Baum bringt den Samen hervor, und dieser wird zum Baume; Wassertropfen fließen von den Bergen zum Meer, werden zu Dampf, gehen zu den Bergen zurück und vereinen sich wieder mit dem Meere. Dies ist der Lauf allen Lebens, das wir sehen, fühlen, hören oder uns vorstellen können. Alles, was sich innerhalb der Grenzen unseres Wissens befindet, vollzieht sich in dieser Weise, auch das Ein- und Ausatmen im menschlichen Körper. Alles in der Schöpfung geht den gleichen Weg. Eine Welle steigt, eine andere fällt, steigt und fällt wieder, und jeder Wellenberg hat sein Wellental und jedes Tal seinen Wellenberg. Das Weltall ist gleichförmig, und deshalb ist das gleiche Gesetz im ganzen Universum gültig. Dieses Weltall muß zu seinem Ursprung zurückkehren; Sonne, Mond und Sterne, Erde und Körper gehen zurück zu ihren Ausgangsformen, verschwinden, werden gleichsam zerstört. Aber sie leben weiter in der feineren Form, und aus dieser werden sie sich wiederum erheben zu neuen Erden, Sonnen, Monden und Sternen.
Bei dieser Aufwärts- und Abwärtsbewegung ist eine weitere Tatsache zu beachten. Der Baum entsteht aus dem Samen, aber nicht unmittelbar, sondern erst nach einer Periode scheinbarer Ruhe, in der aber tatsächlich eine sehr feine, unsichtbare Tätigkeit vor sich geht. Der Samen arbeitet eine Zeitlang unter der Erde, bricht entzwei, verfällt gleichsam, und aus diesem Verfall entsteht die Wiedergeburt. Im Anfang muß das gesamte Weltall ebenfalls eine Zeitlang in dieser winzigen Form, nicht sichtbar und nicht offenbar, tätig gewesen sein; dieser Zustand wird Chaos genannt, und aus ihm entsteht eine neue Schöpfung. Die gesamte Periode einer solchen Kundgebung, nämlich die Rückbildung in die feineren Formen, das Verharren in diesen für eine gewisse Zeit und die Wiedergeburt wird in Sanskrit Kalpa oder Zyklus genannt.
Nun erhebt sich eine, besonders für die heutige Zeit, wichtige Frage. Soweit ist es klar geworden, daß die feineren Formen langsam und allmählich grob und immer gröber werden, daß Ursache und Wirkung gleichartig sind, also die Wirkung nur eine andere Form der Ursache ist. Das ganze Weltall kann demnach nicht aus dem Nichts entstanden sein, da ja nichts ohne Ursache geschieht.
Woraus ist dann dieses Weltall hervorgegangen? Aus einem vorhergehenden, feineren Weltall. Woraus ist der Mensch hervorgegangen? Aus einer vorhergehenden, feineren Form. Woraus ist der Baum entstanden? Aus dem Samen; der Baum war im Samen enthalten und wird sichtbar, wenn er hervorsprießt. Genauso wurde dieses Universum eben aus jenem Weltall der kleinsten Form erschaffen. Es wurde sichtbar gemacht, wird in diese kleinste Form zurückgehen und wieder offenbar werden. Diese feinen Formen entwickeln sich langsam zu groben und gröberen, bis sie ihre Grenze erreicht haben; und sobald sie diese Grenze erreichen, findet die Rückbildung zu feinen und feineren Gestaltungen statt. Dieser Vorgang der Bildung aus dem Feinen zum Groben, der gleichsam nur eine Änderung in der Anordnung der einzelnen Teile ist, wird in modernen Zeiten Entwicklung genannt. Das ist absolut richtig, und wir sehen es in unserem Leben; kein vernünftiger Mensch kann mit diesen Entwicklungstheoretikern streiten. Aber etwas dürfen wir nicht außer Acht lassen. Wir müssen einen Schritt weiter gehen und feststellen, daß jeder Entwicklung eine Einwicklung vorausgehen muß. Der Samen ist der Vater des Baumes, aber ein anderer Baum war seinerseits der Vater dieses Samens. Aus der feinen Samenform kommt der große Baum, und dieser große Baum war im Samen eingeschlossen. Das Gesamte dieses Weltalls war bereits im feinen kosmischen Weltall gegenwärtig. Die kleine Zelle, die sich zum Menschen entfaltet, war nichts anderes als der eingefaltete Mensch. Wenn das klar ist, haben wir keinen Streit mit den Evolutionisten. Geben sie diesen Vorgang zu, dann werden sie der Religion helfen, statt sie zu zerstören.
Wir stellen also fest, nichts kann aus Nichts erschaffen werden. Alles besteht seit Ewigkeit und wird in Ewigkeit bestehen. Aber die Bewegung vollzieht sich wellenförmig: Rückbildung zu feinen Formen und Neubildung zu gröberen. Diese Einfaltung und Entfaltung geht durch die ganze Natur. Die ganze Entwicklungsreihe von der niedrigsten Manifestation des Lebens bis hinauf zum höchsten, vollkommenen Menschen ist nur möglich, wenn etwas eingefaltet war. Die Frage ist, was war eingefaltet? Gott. Der Evolutionist wird dieser Idee natürlich widersprechen, weil damit behauptet wird, Gott ist Intelligenz, und weil er findet, daß Intelligenz erst viel später im Laufe der Entwicklung auftritt. Intelligenz ist zu finden beim Menschen und bei höheren Tieren, doch hat es Millionen von Jahren gedauert, bevor die Intelligenz in der Welt erschien. Dieser Einwand der Entwicklungstheoretiker hält nicht stand, wenn wir unsere Theorie zur Anwendung bringen. Der Baum entsteht aus dem Samen und geht zu ihm zurück: Anfang und Ende sind gleich. Wenn das richtig ist, dann muß diese ganze Entwicklungsreihe vom Protoplasma am einen Ende zum vollkommenen Menschen am andern Ende ein einziges Leben sein. Wenn wir am Ende den vollkommenen Menschen finden, dann muß er auch am Anfang schon dagewesen sein. Daher war das Protoplasma die Einhüllung der allerhöchsten Intelligenz. Gleichgültig ob dies erkannt wird oder nicht, ist es diese eingehüllte Intelligenz, die sich langsam enthüllt, bis sie im vollkommenen Menschen offenbar wird.
Das kann mathematisch bewiesen werden. Wenn das Gesetz von der Erhaltung der Kraft richtig ist, dann kann man aus einer Maschine nichts herausholen, was man nicht vorher in sie hineingetan hat. Die Summe von Arbeit, die man aus einer Maschine herausholt, ist genau gleich der Summe, die man vorher in Form von Wasser und Kohle hineingetan hat, nicht mehr und nicht weniger. Die Arbeit, die jemand leisten kann, entspricht genau dem, was er in Form von Luft, Nahrung und anderen Dingen sich zugeführt hat. Der ganze Vorgang ist nur eine Frage der Verwandlung und des Sichtbarwerdens. Diesem Haushalt des Weltalls kann nicht die winzigste Menge von Materie oder Kraft hinzugefügt, noch kann die winzigste Menge von Kraft oder Materie aus ihm entfernt werden. Wenn das so ist, was ist dann diese Intelligenz? Wenn sie nicht im Protoplasma gegenwärtig war, dann muß sie wohl ganz plötzlich erschienen sein, etwas, das aus dem Nichts entstand, – eine unsinnige Annahme. Die unfehlbare Schlußfolgerung kann nur die sein: der vollkommene, der freie, der Gott-Mensch, der die Grenzen der Natur überschritten, alles hinter sich gelassen und diesen Entwicklungsprozeß beendet hat, der jenseits von Geburt und Tod steht – dieser Mensch, den die Christen den „Christus-Menschen“, die Buddhisten den „Buddha-Menschen“ und die Yogis den „Freien Menschen“ nennen, – dieser vollkommene Mensch, der am einen Ende der Entwicklungskette steht, war eingehüllt in der Protoplasmazelle, die am andern Ende derselben Kette steht.
Wenden wir die gleiche Überlegung auf das gesamte Weltall an, so erkennen wir, Intelligenz muß der Herr der Schöpfung sein und ihre Ursache. Was ist die höchste Vorstellung, die der Mensch vom Weltall hat? Es ist Intelligenz, die Teil zu Teil fügt. Intelligenz also war der Anfang. Diese Intelligenz war zu Beginn eingefaltet und entfaltet sich am Ende. Die Gesamtsumme der Intelligenz, die sich im Weltall befindet, muß daher die eingefaltete, allumfassende, sich entfaltende Intelligenz sein. Es ist diese allumfassende Intelligenz, die wir Gott nennen. Mit welchem Namen wir immer sie benennen mögen, es ist absolut sicher, daß am Anfang jene unendliche kosmische Intelligenz war. Diese kosmische Intelligenz ist eingefaltet, und sie entfaltet sich, offenbart sich, bis sie zum vollkommenen Menschen wird, dem „Christus-Menschen“, dem „Buddha-Menschen“. Dann kehrt sie zu ihrer eigenen Quelle zurück. Deshalb predigen alle heiligen Schriften: „In Ihm leben, weben und sind wir“. Deshalb predigen alle heiligen Schriften, daß wir von Gott kommen und zu Gott zurückkehren. Erschrecken wir nicht vor theologischen Benennungen; wenn uns Worte schrecken, können wir keine Philosophen sein. Diese kosmische Intelligenz ist es, die von den Theologen Gott genannt wird.
Warum gebrauchen wir dieses alte Wort Gott? Weil es das beste Wort ist. Kein besseres könnten wir finden, weil alle Hoffnungen und Sehnsüchte, das ganze Glück der Menschheit, in diesem Wort zusammengefaßt sind. Es ist unmöglich, jetzt dieses Wort zu ändern. Solche Worte wurden zuerst von großen Heiligen geprägt, die ihren Sinn verwirklichten und ihre Bedeutung verstanden. Durch alltäglichen Gebrauch im Munde unwissender Menschen geht ihr Glanz und ihr Geist verloren. Das Wort Gott ist seit undenklichen Zeiten gebraucht worden, und jene kosmische Intelligenz und alles, was hehr und heilig ist, verknüpft sich damit. Sollen wir es etwa verwerfen, weil irgendein Narr sagt, es sei nicht das richtige? Und irgendein anderer wird kommen und sagen: „Nimm mein Wort“, und kein Ende wäre abzusehen vor lauter törichten Worten. Gebrauchen wir ruhig das alte Wort, aber gebrauchen wir es in seinem wahren Geiste, läutern wir es von allem Aberglauben und werden wir uns klar darüber, was dieses große alte Wort bedeutet. Wer die Macht der Ideen-Assoziation kennt, wird wissen, daß mit solchen Worten unzählige machtvolle und hoheitsvolle Ideen verknüpft sind. Millionen von menschlichen Seelen gebrauchen diese Worte, verehren sie und verbinden mit ihnen alles, was erhaben und großartig, alles was intelligent und liebenswert, alles was edel und hochherzig ist in der menschlichen Natur. Dies sind die Ideen, die solche Worte in uns auslösen, und sie können nicht aufgegeben werden.
Hätten wir alles dies nur durch die Feststellung ausgedrückt: „Gott hat die Welt erschaffen“, dann wäre der Sinn dessen, was zu sagen beabsichtigt war, nicht klar geworden. So aber, nach vielem Bemühen, kehren wir zurück zu Ihm, dem Erhabensten, Einen.
Nunmehr verstehen wir: alle die verschiedenen Formen dieser kosmischen Energie, wie Materie, Kraft, Intelligenz, Gedanke und so fort, sind einzig und allein die Kundgebung jener kosmischen Intelligenz, oder des Erhabenen Herrn, wie sie fortan genannt sei. Alles, was wir sehen, fühlen oder hören, das ganze Weltall, ist Seine Schöpfung, oder um es etwas genauer auszudrücken, ist aus Ihm hervorgegangen, oder, um es noch genauer zu sagen, ist der Herr selbst. Er ist es, der als Sonne scheint und als Stern leuchtet, Er ist die Mutter Erde, und Er ist das Weltmeer. Er kommt als der leise Regenschauer, Er ist die linde Luft, die wir einatmen und Seine Kraft ist es, die in unserem Körper wirksam ist. Er ist das Wort, das gesprochen wird, und Er ist der Mann, der es spricht. Er ist die Hörerschaft, die lauscht, Er ist die Plattform, auf der ich stehe, und Er ist das Licht, das die Gesichter der Anwesenden beleuchtet. Alles ist Er. Er ist der Stoff, aus dem die Welt besteht, und die Intelligenz, die sie durchdringt. (Causa materialis und causa efficiens.) Er ist es, der in der winzigen Zelle eingehüllt ist und sich am anderen Ende als Gott enthüllt. Er kommt herab als winziges Atom; langsam und allmählich Seine Natur offenbarend, vereinigt Er Sich mit Sich Selbst. Dies ist das Geheimnis des Weltalls.

Du bist die Frau, Du bist der Mann,
Das Mädchen und der Knabe,
Du bist der altersschwache Greis,
Wahrlich, Du bist alles.

Dies ist die einzige Erklärung des Kosmos, die den menschlichen Geist befriedigt. In einem Wort: Wir kommen von Ihm, wir leben in Ihm, und zu Ihm kehren wir zurück.

Klappentext:

„Religion darf nicht länger eine Idee, eine Theorie oder eine Verstandesangelegenheit bleiben. Sie muss unser Wesen durchdringen. Die wahre Regligion ist unwandelbar. Sie ist weder Wort noch Lehre, sie ist inneres Erlebnis. Religion ist nicht Hinhören und Hinnehmen, sie ist Sein und Werden. Das woran die Seele glaubt, das was sie anbetet, zu dem muss sie werden“

 

 

Aus dem Buch:

Der Makrokosmos

Schön sind die Blumen, die wir um uns erblicken, schön ist der Aufgang der Morgensonne, schön sind die bunten Farben der Natur. Das ganze Weltall ist schön, und der Mensch hat sich seit seinem Erscheinen auf der Erde daran erfreut. Erhaben und ehrfurchtgebietend sind die Berge, die riesigen, rauschenden Ströme, die sich zum Meere hinwälzen, die pfadlosen Wüsten, das unendliche Meer, das gestirnte Firmament. Seit undenklicher Zeit hat die Fülle des Seins, die wir Natur nennen, den menschlichen Geist und das menschliche Denken beeinflußt und die Frage in uns hervorgerufen: „Was ist dies alles und woher kommt es?“ Schon in den ältesten Teilen der Veden, den weitaus frühesten Schriften der Menschheit, wird diese Frage erhoben:
Als weder Etwas war, noch Nichts,
Und Finsternis gehüllt in Finsternis,
Wo war die Welt? Wer schloß sie ein?
Wer möchte das Geheimnis wohl ergründen?
Und die gleiche Frage ist auch zu uns in die Gegenwart gedrungen. Millionenmal hat man versucht, sie zu beantworten und millionenmal wird sie wieder und wieder beantwortet werden müssen. Nicht, daß jede Antwort ein Fehlschlag gewesen wäre; jede Antwort auf diese Frage enthielt einen Teil der Wahrheit, und diese Wahrheit gewinnt an Kraft, je weiter die Zeit fortschreitet. Wir wollen versuchen, in großen Zügen die Antwort vorzutragen, welche die alten indischen Philosophen gaben und sie in Einklang mit der modernen Erkenntnis bringen.
Wir finden in dieser ältesten aller Fragen einige Punkte bereits geklärt. Der erste ist: es gab eine Zeit, da weder „Etwas war noch Nichts“, da diese Welt nicht existierte. Unsere Mutter Erde, mit ihren Seen und Meeren, ihren Flüssen und Gebirgen, ihren Städten und Dörfern, mit ihren Menschen, Tieren und Pflanzen, die Planeten und die leuchtenden Himmelskörper, diese ganze unendliche Mannigfaltigkeit der Schöpfung war nicht vorhanden. Sind wir dessen sicher? Wir wollen versuchen zu ergründen, wie man zu diesem Schlusse kam.
Was sehen wir, wenn wir um uns blicken? Nehmen wir eine kleine Pflanze. Wir setzen ein Samenkorn in die Erde, und kurze Zeit darauf lugt eine Pflanze hervor, die sich langsam über den Boden erhebt und wächst und wächst, bis sie zu einem riesigen Baume wird. Dann stirbt sie und läßt nur den Samen zurück. Sie vollendet den Kreislauf, sie kommt aus dem Samen, wird zum Baume und endet im Samen. Nehmen wir einen Vogel: aus dem Ei kommt er, lebt sein Leben, hinterläßt andere Eier, Samen zukünftiger Vögel, und stirbt. Wie bei den Tieren so beim Menschen. Alles in der Natur entsteht gleichsam aus gewissen Samenformen, aus gewissen Ansätzen, feinen Gestaltungen, wird grob und gröber, geht auf diesem Wege eine Zeit lang vorwärts, kehrt wiederum zu seiner feineren Form zurück und verschwindet. Der Regentropfen, in dem der liebliche Strahl der Sonne sich spiegelt, kam aus dem Meere in Form von Dampf, erhob sich weit empor in die Luft, wo er in einer gewissen Höhe zu Wasser verwandelt wurde und fiel nieder in seiner gegenwärtigen Form, um wiederum in Dampf verwandelt zu werden. Das gleiche Spiel sehen wir überall in der uns umgebenden Natur. Wir wissen: die mächtigen Gebirge werden von Gletschern und Flüssen langsam, aber sicher zermürbt und zu Sand zerrieben, der ins Meer geschwemmt wird; dort sinkt er auf den Meeresboden, bildet Schicht auf Schicht, türmt sich zu harten Felsen und zu Riesengebirgen zukünftiger Generationen auf, um wiederum zerstäubt und zerrieben zu werden. Dies ist ihr Lauf: aus Sand entstehen diese Gebirge, zu Sand werden sie wieder.
Wenn es wahr ist, daß die Natur unter allen Umständen einheitlich ist, wenn es wahr ist – und soweit hat keine menschliche Erfahrung dem widersprochen – daß die gleiche Methode, nach der ein kleines Sandkorn erschaffen wurde, auch bei der Schöpfung der riesenhaften Sonnen und Sterne und dieses ganzen Weltalls wirksam war, wenn tatsächlich das ganze Universum nach dem gleichen Plan aufgebaut ist wie das Atom und überall im Weltall das gleiche Gesetz herrscht, dann ist es wahr, was die Veden sagen: „Durch Erkennung eines Erdklümpchens wird alles, was aus Erde besteht, erkannt“. Nehmen wir eine kleine Pflanze und studieren ihr Leben, so kennen wir das ganze Weltall, wie es ist. Wenn wir ein Sandkorn kennen, dann verstehen wir das Geheimnis des ganzen Weltalls.
Diese Denkweise auf die Erscheinungswelt angewandt, läßt von vornherein erkennen: alles gleicht sich am Anfang und am Ende. Das Gebirge entsteht aus Sand und wird wieder zu Sand, der Fluß entsteht aus Dampf und wird wieder zu Dampf, die Pflanze geht aus dem Samen hervor und wird wieder Samen, das menschliche Leben entsteht aus Samen und kehrt zurück zum Samen. Das Weltall mit seinen Sternen und Planeten entstand aus einer Nebelmasse und muß wieder zu dieser zurück. Was sehen wir daraus? Das Sichtbargewordene, das gröbere Stadium ist die Wirkung und das feinere Stadium die Ursache. Vor Tausenden von Jahren hat Kapila, der Vater aller Philosophie, verkündet, Zerstörung bedeute nichts anderes als die Rückkehr zum Ursprung. Wenn dieser Tisch hier zerstört wird, kehrt er zurück zu seinem Ursprung, zu jenen feineren Formen und Teilchen, die, zusammengesetzt, diese Form darstellen, Tisch genannt. Wenn der Mensch stirbt, dann kehrt er zu den Elementen zurück, aus denen sein Körper bestand, und wenn diese Erde untergeht, wird sie sich in jene Elemente auflösen, die ihr Gestalt gaben. Zerstörung ist demnach die Rückkehr zur Ursache, denn Wirkung und Ursache sind nicht voneinander verschieden, sie sind dasselbe, nur die Form hat gewechselt. Betrachten wir beispielsweise dieses Glas, das aus einer bestimmten Menge Material und der Kraft der Hände des Handwerkers geformt wurde. Dies sind die Ursachen, – die handwerkliche und stoffliche Ursache – die das Glas hervorgebracht haben. Das Glas ist also lediglich ein Sichtbarwerden dieser feinen Ursachen in neuer Form, und wenn es zerbricht, wird die Adhäsionskraft zu ihrem ursprünglichen Element zurückkehren, während die Glasteilchen solange bestehen bleiben, bis sie neue Formen annehmen.
Die Wirkung ist demnach nie von der Ursache verschieden, sondern ist nur ein Wiedererstehen der Ursache in veränderter Form, und alle Formen, die wir Pflanzen, Tiere oder Menschen nennen, wiederholen sich, ad infinitum, im Aufsteigen und Verfallen. Der Baum bringt den Samen hervor, und dieser wird zum Baume; Wassertropfen fließen von den Bergen zum Meer, werden zu Dampf, gehen zu den Bergen zurück und vereinen sich wieder mit dem Meere. Dies ist der Lauf allen Lebens, das wir sehen, fühlen, hören oder uns vorstellen können. Alles, was sich innerhalb der Grenzen unseres Wissens befindet, vollzieht sich in dieser Weise, auch das Ein- und Ausatmen im menschlichen Körper. Alles in der Schöpfung geht den gleichen Weg. Eine Welle steigt, eine andere fällt, steigt und fällt wieder, und jeder Wellenberg hat sein Wellental und jedes Tal seinen Wellenberg. Das Weltall ist gleichförmig, und deshalb ist das gleiche Gesetz im ganzen Universum gültig. Dieses Weltall muß zu seinem Ursprung zurückkehren; Sonne, Mond und Sterne, Erde und Körper gehen zurück zu ihren Ausgangsformen, verschwinden, werden gleichsam zerstört. Aber sie leben weiter in der feineren Form, und aus dieser werden sie sich wiederum erheben zu neuen Erden, Sonnen, Monden und Sternen.
Bei dieser Aufwärts- und Abwärtsbewegung ist eine weitere Tatsache zu beachten. Der Baum entsteht aus dem Samen, aber nicht unmittelbar, sondern erst nach einer Periode scheinbarer Ruhe, in der aber tatsächlich eine sehr feine, unsichtbare Tätigkeit vor sich geht. Der Samen arbeitet eine Zeitlang unter der Erde, bricht entzwei, verfällt gleichsam, und aus diesem Verfall entsteht die Wiedergeburt. Im Anfang muß das gesamte Weltall ebenfalls eine Zeitlang in dieser winzigen Form, nicht sichtbar und nicht offenbar, tätig gewesen sein; dieser Zustand wird Chaos genannt, und aus ihm entsteht eine neue Schöpfung. Die gesamte Periode einer solchen Kundgebung, nämlich die Rückbildung in die feineren Formen, das Verharren in diesen für eine gewisse Zeit und die Wiedergeburt wird in Sanskrit Kalpa oder Zyklus genannt.
Nun erhebt sich eine, besonders für die heutige Zeit, wichtige Frage. Soweit ist es klar geworden, daß die feineren Formen langsam und allmählich grob und immer gröber werden, daß Ursache und Wirkung gleichartig sind, also die Wirkung nur eine andere Form der Ursache ist. Das ganze Weltall kann demnach nicht aus dem Nichts entstanden sein, da ja nichts ohne Ursache geschieht.
Woraus ist dann dieses Weltall hervorgegangen? Aus einem vorhergehenden, feineren Weltall. Woraus ist der Mensch hervorgegangen? Aus einer vorhergehenden, feineren Form. Woraus ist der Baum entstanden? Aus dem Samen; der Baum war im Samen enthalten und wird sichtbar, wenn er hervorsprießt. Genauso wurde dieses Universum eben aus jenem Weltall der kleinsten Form erschaffen. Es wurde sichtbar gemacht, wird in diese kleinste Form zurückgehen und wieder offenbar werden. Diese feinen Formen entwickeln sich langsam zu groben und gröberen, bis sie ihre Grenze erreicht haben; und sobald sie diese Grenze erreichen, findet die Rückbildung zu feinen und feineren Gestaltungen statt. Dieser Vorgang der Bildung aus dem Feinen zum Groben, der gleichsam nur eine Änderung in der Anordnung der einzelnen Teile ist, wird in modernen Zeiten Entwicklung genannt. Das ist absolut richtig, und wir sehen es in unserem Leben; kein vernünftiger Mensch kann mit diesen Entwicklungstheoretikern streiten. Aber etwas dürfen wir nicht außer Acht lassen. Wir müssen einen Schritt weiter gehen und feststellen, daß jeder Entwicklung eine Einwicklung vorausgehen muß. Der Samen ist der Vater des Baumes, aber ein anderer Baum war seinerseits der Vater dieses Samens. Aus der feinen Samenform kommt der große Baum, und dieser große Baum war im Samen eingeschlossen. Das Gesamte dieses Weltalls war bereits im feinen kosmischen Weltall gegenwärtig. Die kleine Zelle, die sich zum Menschen entfaltet, war nichts anderes als der eingefaltete Mensch. Wenn das klar ist, haben wir keinen Streit mit den Evolutionisten. Geben sie diesen Vorgang zu, dann werden sie der Religion helfen, statt sie zu zerstören.
Wir stellen also fest, nichts kann aus Nichts erschaffen werden. Alles besteht seit Ewigkeit und wird in Ewigkeit bestehen. Aber die Bewegung vollzieht sich wellenförmig: Rückbildung zu feinen Formen und Neubildung zu gröberen. Diese Einfaltung und Entfaltung geht durch die ganze Natur. Die ganze Entwicklungsreihe von der niedrigsten Manifestation des Lebens bis hinauf zum höchsten, vollkommenen Menschen ist nur möglich, wenn etwas eingefaltet war. Die Frage ist, was war eingefaltet? Gott. Der Evolutionist wird dieser Idee natürlich widersprechen, weil damit behauptet wird, Gott ist Intelligenz, und weil er findet, daß Intelligenz erst viel später im Laufe der Entwicklung auftritt. Intelligenz ist zu finden beim Menschen und bei höheren Tieren, doch hat es Millionen von Jahren gedauert, bevor die Intelligenz in der Welt erschien. Dieser Einwand der Entwicklungstheoretiker hält nicht stand, wenn wir unsere Theorie zur Anwendung bringen. Der Baum entsteht aus dem Samen und geht zu ihm zurück: Anfang und Ende sind gleich. Wenn das richtig ist, dann muß diese ganze Entwicklungsreihe vom Protoplasma am einen Ende zum vollkommenen Menschen am andern Ende ein einziges Leben sein. Wenn wir am Ende den vollkommenen Menschen finden, dann muß er auch am Anfang schon dagewesen sein. Daher war das Protoplasma die Einhüllung der allerhöchsten Intelligenz. Gleichgültig ob dies erkannt wird oder nicht, ist es diese eingehüllte Intelligenz, die sich langsam enthüllt, bis sie im vollkommenen Menschen offenbar wird.
Das kann mathematisch bewiesen werden. Wenn das Gesetz von der Erhaltung der Kraft richtig ist, dann kann man aus einer Maschine nichts herausholen, was man nicht vorher in sie hineingetan hat. Die Summe von Arbeit, die man aus einer Maschine herausholt, ist genau gleich der Summe, die man vorher in Form von Wasser und Kohle hineingetan hat, nicht mehr und nicht weniger. Die Arbeit, die jemand leisten kann, entspricht genau dem, was er in Form von Luft, Nahrung und anderen Dingen sich zugeführt hat. Der ganze Vorgang ist nur eine Frage der Verwandlung und des Sichtbarwerdens. Diesem Haushalt des Weltalls kann nicht die winzigste Menge von Materie oder Kraft hinzugefügt, noch kann die winzigste Menge von Kraft oder Materie aus ihm entfernt werden. Wenn das so ist, was ist dann diese Intelligenz? Wenn sie nicht im Protoplasma gegenwärtig war, dann muß sie wohl ganz plötzlich erschienen sein, etwas, das aus dem Nichts entstand, – eine unsinnige Annahme. Die unfehlbare Schlußfolgerung kann nur die sein: der vollkommene, der freie, der Gott-Mensch, der die Grenzen der Natur überschritten, alles hinter sich gelassen und diesen Entwicklungsprozeß beendet hat, der jenseits von Geburt und Tod steht – dieser Mensch, den die Christen den „Christus-Menschen“, die Buddhisten den „Buddha-Menschen“ und die Yogis den „Freien Menschen“ nennen, – dieser vollkommene Mensch, der am einen Ende der Entwicklungskette steht, war eingehüllt in der Protoplasmazelle, die am andern Ende derselben Kette steht.
Wenden wir die gleiche Überlegung auf das gesamte Weltall an, so erkennen wir, Intelligenz muß der Herr der Schöpfung sein und ihre Ursache. Was ist die höchste Vorstellung, die der Mensch vom Weltall hat? Es ist Intelligenz, die Teil zu Teil fügt. Intelligenz also war der Anfang. Diese Intelligenz war zu Beginn eingefaltet und entfaltet sich am Ende. Die Gesamtsumme der Intelligenz, die sich im Weltall befindet, muß daher die eingefaltete, allumfassende, sich entfaltende Intelligenz sein. Es ist diese allumfassende Intelligenz, die wir Gott nennen. Mit welchem Namen wir immer sie benennen mögen, es ist absolut sicher, daß am Anfang jene unendliche kosmische Intelligenz war. Diese kosmische Intelligenz ist eingefaltet, und sie entfaltet sich, offenbart sich, bis sie zum vollkommenen Menschen wird, dem „Christus-Menschen“, dem „Buddha-Menschen“. Dann kehrt sie zu ihrer eigenen Quelle zurück. Deshalb predigen alle heiligen Schriften: „In Ihm leben, weben und sind wir“. Deshalb predigen alle heiligen Schriften, daß wir von Gott kommen und zu Gott zurückkehren. Erschrecken wir nicht vor theologischen Benennungen; wenn uns Worte schrecken, können wir keine Philosophen sein. Diese kosmische Intelligenz ist es, die von den Theologen Gott genannt wird.
Warum gebrauchen wir dieses alte Wort Gott? Weil es das beste Wort ist. Kein besseres könnten wir finden, weil alle Hoffnungen und Sehnsüchte, das ganze Glück der Menschheit, in diesem Wort zusammengefaßt sind. Es ist unmöglich, jetzt dieses Wort zu ändern. Solche Worte wurden zuerst von großen Heiligen geprägt, die ihren Sinn verwirklichten und ihre Bedeutung verstanden. Durch alltäglichen Gebrauch im Munde unwissender Menschen geht ihr Glanz und ihr Geist verloren. Das Wort Gott ist seit undenklichen Zeiten gebraucht worden, und jene kosmische Intelligenz und alles, was hehr und heilig ist, verknüpft sich damit. Sollen wir es etwa verwerfen, weil irgendein Narr sagt, es sei nicht das richtige? Und irgendein anderer wird kommen und sagen: „Nimm mein Wort“, und kein Ende wäre abzusehen vor lauter törichten Worten. Gebrauchen wir ruhig das alte Wort, aber gebrauchen wir es in seinem wahren Geiste, läutern wir es von allem Aberglauben und werden wir uns klar darüber, was dieses große alte Wort bedeutet. Wer die Macht der Ideen-Assoziation kennt, wird wissen, daß mit solchen Worten unzählige machtvolle und hoheitsvolle Ideen verknüpft sind. Millionen von menschlichen Seelen gebrauchen diese Worte, verehren sie und verbinden mit ihnen alles, was erhaben und großartig, alles was intelligent und liebenswert, alles was edel und hochherzig ist in der menschlichen Natur. Dies sind die Ideen, die solche Worte in uns auslösen, und sie können nicht aufgegeben werden.
Hätten wir alles dies nur durch die Feststellung ausgedrückt: „Gott hat die Welt erschaffen“, dann wäre der Sinn dessen, was zu sagen beabsichtigt war, nicht klar geworden. So aber, nach vielem Bemühen, kehren wir zurück zu Ihm, dem Erhabensten, Einen.
Nunmehr verstehen wir: alle die verschiedenen Formen dieser kosmischen Energie, wie Materie, Kraft, Intelligenz, Gedanke und so fort, sind einzig und allein die Kundgebung jener kosmischen Intelligenz, oder des Erhabenen Herrn, wie sie fortan genannt sei. Alles, was wir sehen, fühlen oder hören, das ganze Weltall, ist Seine Schöpfung, oder um es etwas genauer auszudrücken, ist aus Ihm hervorgegangen, oder, um es noch genauer zu sagen, ist der Herr selbst. Er ist es, der als Sonne scheint und als Stern leuchtet, Er ist die Mutter Erde, und Er ist das Weltmeer. Er kommt als der leise Regenschauer, Er ist die linde Luft, die wir einatmen und Seine Kraft ist es, die in unserem Körper wirksam ist. Er ist das Wort, das gesprochen wird, und Er ist der Mann, der es spricht. Er ist die Hörerschaft, die lauscht, Er ist die Plattform, auf der ich stehe, und Er ist das Licht, das die Gesichter der Anwesenden beleuchtet. Alles ist Er. Er ist der Stoff, aus dem die Welt besteht, und die Intelligenz, die sie durchdringt. (Causa materialis und causa efficiens.) Er ist es, der in der winzigen Zelle eingehüllt ist und sich am anderen Ende als Gott enthüllt. Er kommt herab als winziges Atom; langsam und allmählich Seine Natur offenbarend, vereinigt Er Sich mit Sich Selbst. Dies ist das Geheimnis des Weltalls.

Du bist die Frau, Du bist der Mann,
Das Mädchen und der Knabe,
Du bist der altersschwache Greis,
Wahrlich, Du bist alles.

Dies ist die einzige Erklärung des Kosmos, die den menschlichen Geist befriedigt. In einem Wort: Wir kommen von Ihm, wir leben in Ihm, und zu Ihm kehren wir zurück.

Details zum Buch:
  • Format: 14,3 x 21 cm
  • 242 Seiten
  • Paperback
  • ISBN: 978-3-933321-71-8
  • Unser Preis: 18,90€
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  • Format: Kindle (.prc); epub